Space Invaders: „Achtung Ionenkontrolle. Feuer!“

Die 80er, das SDI Programm der Amerikaner war in allen Medien. Ein Raketenschild gegen Atomraketen sollte zu dieser Zeit ‚Star Wars‘ auf eine andere Art Realität werden lassen. Es herrschte der „Kalte Krieg“ zwischen den UdSSR und der USA, die gerade einen alten Ex-Cowboy und Schauspieler als Präsidenten hatte. Wir sahen ‚The Day After‘ jedes Jahr in der Schule und machten uns im Jahr mehrere Male fast in die Hose, wenn atomarer Probealarm in der Stadt alle Sirenen zum Heulen brachte. Die 80er waren für mich eine echt krasse Zeit.

In dieser Bedrohung, die uns Kids ziemlich prägte, stell Dir nun vor, Du kommst an einem sonnigen Tag in einen Musik- und Plattenladen. Beim Betreten versucht die (analoge) Türklingel gegen ‚Van Halen‘, ‚Falco‘ oder ‚Run-DMC‘ anzustinken und versagt kläglich. Diese Tunes zauberten uns in dieser Zeit der Bedrohung trotzdem ein Lächeln ins Gesicht, da konnte man machen was man wollte, man kannte es ja nicht anders.

Aber ich hatte die Musik zum Träumen

Schön, dass Du wieder hier bist. Nachdem wir gestern erst kurz über mein Kennenlernen mit Donkey Kong gesprochen haben, erleben wir heute eine wirklich unheimliche Begegnung von ganz besonderer Art.

Alle paar Tage ging ich nach der Schule in das Musikgeschäft in der Fußgängerzone meiner Heimatstadt am Rhein. Unweit des Doms hatte der Vater eines Schulfreundes einen eigenen Plattenladen mit perfekter Sortierung. Das war die Zeit, als die Inhaber noch selbst Musikfreaks waren und nicht nur von Verbänden beliefert wurden. Ich war kein richtiger Musikkenner, aber ich sammelte leidenschaftlich 12inch Maxi-Singles. Und wer konnte an den Tischen mit den krassen Picture-Disks schon vorbeigehen, die sich auch gut als Deko an der Wand machten. Vor allem wenn sich die Mädchen ebenfalls dort aufhielten? Nicht dass ich je mit jemandem hier ins Gespräch gekommen wäre, doch die Atmosphäre hatte etwas – vor allem, wenn man vom Betreiber gegrüßt wird, und die anderen „Kunden“ bekommen es mit. Hach, so fühlte man sich einfach gut, auch als Außenseiter, der sich in der Zeit höchstens für Musik, Elektronik oder Pferde interessierte :-)
Vom Plattenladen aus ging es dann über die Straße, um zumindest noch ins Schaufenster der Foto-Quelle zu blicken. ‚Gucken‘ von draußen war die einzige Möglichkeit, denn drinnen wollte man keine Kids bedienen, dafür war der Ableger der größeren Quelle Filiale auch eh zu winzig. Aber es stand ein Atari VCS im Fenster! Es sollte noch weitere ein oder zwei Jahre dauern, bis die andere Quelle dem Foto-Ableger das Wasser abgraben wird, wenn der C64 in deren Auslage kommt – aber wie gesagt, das dauert noch ein wenig.

Für den Tag stand nur eins auf dem Plan – ich wollte an diesem Sommertag einen Schulfreund besuchen, der mir vom Apple Computer seines Bruders erzählt hatte. Ich werde mir einen echten Apple ansehen – nicht dass ich jetzt deshalb sonderlich aufgeregt war, ich hatte auch noch keinen in echt gesehen, doch Christian Busch war bei den Erzählungen richtig begeistert gewesen. Aber ich war realistisch, so ein Gerät lag schon finanziell auf einer unerreichbaren Höhe, dass der Realist in mir bereits vor dem Besuch versuchte das Herz zu verbarrikadieren, ich wollte dem Gerät schon im Vorfeld auf keinen Fall gestatten mich irgendwie zu verzaubern.
Am Nachmittag schwang ich mich auf mein Rennrad, und versuchte mich daran mit meiner defekten Gangschaltung den Schützenbuckel zu bezwingen. Sicher wieder ein vergebliches Vorhaben für mich, die 500m Steigung zu meistern – ich frage mich immer, was machen eigentlich Leute, die so richtig in den Bergen wohnten? Wahrscheinlich gehen die zu Fuß – anders geht es ja nicht, oder die haben kein kaputtes Fahrrad.

You found a ‚The Hackers Lair‘ … und einen Apple II

Im Schatten des Wasserturms vom Speyer stand ich vor Christians Haus. Er wohnte hier mit seinen Eltern und seinem großen Bruder, der bereits bei der Bundeswehr war und nur an Wochenenden nach Hause kam. Es war ein heißer und sonniger Tag und ich erinnere mich noch genau, wie Christian die Tür öffnete und ich in den kühlen Hausflur trat. Gleich hinter der Treppe ging es in einen noch kühleren dunklen Keller, der für mich ein unvergessliches Bild bot, als mein Schulfreund die Tischleuchte auf dem Schreibtisch einschaltete.
Das Licht erhellte nur das, was nötig war. Der Rest beleuchtete ein Grünmonitor in einer märchenhaften Aura. Hier stand ein Apple II mit zwei Diskettenlaufwerken, einem Nadeldrucker, Bergen von Endlos-Ausdrucken und unglaublich vieler ‚Särge‘ voller 5 1/4 Disketten.

Ich konnte garnicht mehr, als in ein ehrfürchtiges Staunen zu verfallen. Auch wenn ich es nicht wusste, dieser Raum wurde auch später für mich das Maß aller Dinge. Genau so erträumte ich mir einen Raum, in dem ich … ja was eigentlich? Keine Ahnung, aber ich wusste, dass genau dieser Weg der richtige war und ich diesen unbedingt weiter beschreiten wollte. Christian hatte einen echt coolen Bruder! Doch als Christian die Führung aus Sorge sein Bruder könnte merken, dass wir hier waren, schon beenden wollte, bat ich ihn doch inständig „irgendwas zu laden“, doch noch kurz irgendwas auf den Bildschirm zu zaubern. Ich hatte mich scheinbar in diesen grob aufgelösten Grünmonitor verschossen.

You are about to enter another dimension, a dimension not only of sight and sound but of mind. A journey into a wondrous land of imagination.

Als Chris in dieser ins grün getauchten Hackerhöhle in den Disketten blätterte, wusste ich nicht, dass ich wieder an einem Scheideweg stand. Christian, „Ein Adventure?“, fragte er und ich hatte echt keine Ahnung was das sein sollte. ich kann mich erinnern, dass ich zum ersten mal ein Textadventure erleben durfte. Was es war, weiß ich nicht mehr, denn die Erinnerung sollte durch das folgende Spiel hart überschrieben werden. Chris traf als zweites Spiel eine vorzügliche Wahl. Und während er die Disk einschob, das Laufwerk wieder mechanisch verriegelte und der Motor auf sein Kommando ansprang, sollte ich mich mal durch die Disketten blättern.

Auch wenn ich eigentlich nichts davon kannte, war der Geruch der Disketten so angenehm und passten genau in diese magische Szene, als Apple INVADERS geladen wurde.
Christian Busch, mit dem ich über dreißig Jahren keinen Kontakt mehr habe, stieß mit der Demonstration dieses Spiels bei mir natürlich eine Tür auf und plötzlich war klar, dass ich mir keinen Atari VCS mehr wünsche. Ich wollte etwas Vernünftiges mit viel mehr Potenzial, einer Tastatur, diesen unendlichen Erweiterungsmöglichkeiten und einen Grünmonitor mit einem Cursor!
Mit einem Apple II war so viel mehr möglich, ich blickte über die Disketten und Papierstapel und war plötzlich tatsächlich neidisch – ein Zug, den ich von mir nicht kenne! An diesem Tag war ich es zum ersten Mal. Unterirdisch, anonym und wie eine Räuberhöhle … oh es geht los, das Spiel war fertig geladen!

„Achtung Ionenkontrolle. Feuer!“

Dieser Satz war so episch, für mich eine der geilsten Szenen. Erinnert Ihr Euch noch an „Das Imperium schlägt zurück“, als sich die imperialen Sternzerstörer über Hoth, dem Eisplaneten in Position brachten und die Rebellen die Transporter zur Evakuierung starten um zu fliehen? Genau das sah ich wohl vor meinen Augen, als ich die ‚Invaders‘ vom Bildschirm holte. Ein kleines Feuerwerk auf dem Bildschirm, und ein ganz großes in meinem Geist, das natürlich aber außer mir niemand sehen konnte.

Warum es mich emotional so bewegte? Weil erst kurz davor mein Vater mir die erste Rolle von ‚Das Imperium schlägt zurück‘ auf Super-8 geschenkt hatte. Ich brauche nicht zu erwähnen, dass ich in meinem Leben nichts öfter gesehen habe, als das erste Drittel dieses Films. Ein Film bestand aus drei je 120 Meter langen Filmrollen, die in dem Fall je Stück gute 100 Mark kosteten. Das aber nur am Rand – doch wenn ich Space Invaders spiele, spiele ich oft eine Verteidigungsrolle auf Hoth, ich kann mir nicht helfen :-D

Natürlich war das originale Space Invaders, dem ich später irgendwo als Arcade Automat begegnete grafisch etwas schicker als das auf dem Apple. Schon durch die bedruckte Hintergrundpappe wirkte die Szene viel lebendiger. Wo mir der Automat begegnete habe ich leider vergessen – ich trage nur die Erinnerung an die Apple II Höhle :-) Aber um die Erinnerung nochmal zu durchleben habe ich mir Space Invaders mal mit MAME auf dem PC installiert um zu testen, wie viel Magie heute noch in dem alten Arcade Schmuckstück steckt:

Ob auf dem PC oder Handy, das Spiel geht auch heute noch! Es ist herrlich gealtert und ich kann euch nur empfehlen, die Perle mal zu testen.

Fazit: My cover is blown away!

Apple Invaders, das mein erstes Invaders war, ist genau wie das echte Space Invaders ein Shoot ’em up Titel. Neben Pac-Man, Moon Patrol und Asteroids war Space Invaders für mich eines der Spiele, die die unendliche Erfolgsgeschichte der Videospiele erst möglich gemacht haben. Obwohl diese heute nur noch in Videospielmuseen zu entdecken sind, lohnt sich der Weg dorthin immer und sollte nach der Corona-Krise auch wieder in meinem Kalender stehen. Diese echten Maschinen können Dich an Ort und Stelle eingefangen, da ist man machtlos!

Als der Arcade-Spielautomat Space Invaders 1978 rauskam, lief das Spiel auf einer Intel 8080 CPU. Erstaunlich, dass der 1974 entwickelte Prozessor zuerst in Marschflugkörpern und den ersten PCs eingesetzt wurde, ehe dieser seinen Weg in die Arcade fand.

Über die ganze Welt zogen von nun an Armeen junger Leute in den Krieg gegen die Aliens, um diese vom Himmel zu ballern. Und für dieses Privileg wurde gerne bezahlt (frei übersetzt aus dem Intro von Wave, The Midnight)

Christian Busch, ich hatte Dir sicher nie dafür gedankt, doch dieser Tag in der ‚Gruft‘ Deines Bruders bleibt mir unvergessen. Ich hatte versucht Dich zu googeln, aber habe keine Spuren von Dir gefunden. Ich hoffe, es geht Dir gut und Du bist wohl auf.

Zum 40ten Geburtstag noch ein Lied trällern

Vor vielen Jahren, als wir noch den eDonkey nutzen um Musik zu so Zeug aus dem Netz zu holen, stieß ich auf eine interessante Aufnahme einer mir bis dato unbekannten Band aus Australien. Den Song darf ich euch als Space Invaders Fan nicht vorenthalten! Gut dass es dafür YouTube gibt, denn ich vergöttere diesen Track. Genug getextet jetzt genießen wir endlich den Kult-Track von PLAYER 1, Space Invaders von 1979

Zitat aus Wikipedia: „Space Invaders“ is a song by Australian songwriters Russell Dunlop and Bruce Brown, recording under the band name Player One (commonly stylised as Player [1]) in 1979. The song is based on the hugely successful 1978 video game Space Invaders. It was a novelty hit in Australia, peaking at No.3 on the Kent Music Report charts, and ending up as the seventh best selling single in Australia for 1980 and spent 28 weeks on the Australian charts. The song approached Platinum status (100,000 sales) in Australia as of October 1980. The single was very popular in South Africa and received much airplay.“

Nicht vergessen – wer nicht mehr spielt, wird alt :-) Darum – bis bald! Ich werde möglicherweise in den nächsten Posts die Plattform wechseln und einen Titel vorstellen, der auf einem ganz anderen System zu Hause und endlich mit mir zusammen gezogen ist, ehe ich tiefer in meine Arcade-Erlebnisse blicke.

Bleibt verspielt,
Jürgen

Jürgen

Ich bin Jürgen und als glücklicher Familienpapa und arbeite als Mediendesigner in Wiesmoor und entdecke mit unserer kleinen Familie die Welt. Was uns wichtig erscheint, müssen wir hier in unserem Blog niederschreiben. Abonniere uns, damit du immer auf dem Laufenden bleibst: Wir posten Fotos auf Instagram und haben dem Podcast nun auch einen Kanal unter Friesenzeit dort eingerichtet :-) Bis bald! PS: 'Nakieken' ist übrigens Plattdeutsch und bedeutet soviel wie "genauer hinsehen" und genau das ist Programm hier im Blog.

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