Ein 3D Scanner mit der Kinect V2 der Microsoft Xbox One selbst gebaut

Ich bin ja nun schon länger aktiv im 3D Bereich tätig und habe schon ein paar Filme (vornehmlich Montageanleitungen) in 3D produziert. Leider ist das Thema ‚3D Scannen‘ noch immer ein Wunschtraum geblieben, da gute Geräte einfach Unsummen an Geld kosten, so dass es für den Einstieg leider einfach zu teuer bleibt.

Den Traum, einen 3D Scanner mit 3D Drucker zu kombinieren, hege ich schon länger und seit ich gelesen habe, dass man mit den Kinect Kameras der Microsoft Xbox in Verbindung mit Windows 10 Bordmitteln 3D Scanns erstellen kann, wollte ich unbedingt wissen wie. Natürlich versuche ich das hier so genau wie möglich zu dokumentieren.

1. Welchen Hardware brauche ich, um einen 3D Scanner zu bauen?

Wir brauchen

  1. einen guten PC
  2. eine Microsoft Kinect V2
  3. ein Anschluss-Set für PC <> Kinect*
  4. Stativ für die Kinect (optional)
  5. Personen-Drehteller (optional)

Natürlich einen so starken PC wie nur möglich, das ist sicher jedem klar. In meinem Fall war es ein:

  • Intel i7 Prozessor
  • 16 Gigabyte Ram
  • eine schnelle DirectX 11 kompatible Grafikkarte
  • Windows 10 (64-Bit)
  • USB 3.0 Anschluss (blau)

Leider habe ich in meinem Test gemerkt, dass zwei Intel i5 Rechner aus meinem Büro nicht stark genug dafür waren. Das lag aber nicht am Prozessor, sondern an einem günstigen USB 3.0 Chipsatz, der auf den Boards verbaut war. Leider ist USB 3.0 nicht USB 3.0 und die Software zum Scannen ist leider in dieser Sache sehr zickig! Die Konfigurationssoftware klärt aber gleich darüber auf – einfach weiterlesen.

Anschließen ist eigentlich nicht schwer, man braucht für die Kinect V2, die ja keinen Standard USB Anschluss hat, einen passenden Adapter und ein Netzteil dazu. Gibt es auch als Nachbau und muss nicht von Microsoft sein.

Kinect V2 Windows 10 PC Adapter
Der Kinect V2 Windows 10 PC Adapter von Microsoft

Achtung: Der Kinect-Adapter für Windows 10 PCs ist auch mit der Xbox One S und Xbox One X kompatibel. Man kann diese dann auch dort weiterverwenden!

Die Installation des Kinect-Treibers und der Software

Sie benötigen ein Software Development Kit (SDK) für die Treiber und Developers Tool Kit für die Beispiele und Config-Tools.

Wir installieren zuerst das Kinect für Windows SDK 2.0

Anschließend finden Sie ein paar Kinect Programme sowie einige Dokumente in Ihrem Startmenu.

Spätestens jetzt schließen wir den Sensor am System an:

Zuerst wird die wird der Kinect 2.0 Sensor an den Adapter und das Netzteil angeschlossen. Dann einfach den Scanner in den USB 3 Port des Windows Rechners stecken.

Anschlussplan der Kinect am PC
Anschlussplan der Kinect am PC

Nachdem Einstecken in den PC starten Sie den „SDK Browser 2.0 (Kinect for Windows)“, was dann so aussehen sollte:

Kinect SDK Browser
Kinect SDK Browser

Ganz oben in dem Fenster sehen wir den „Configuration Verifier“, der bei der Einrichtung oder Problemen unser bester Freund wird. ;-) hier klicken wir auf „RUN“ und warten kurz ab, wie der Systemtest ausfällt. Ich kann zwar nicht auf viele Fehler eingehen, aber man kann in dem Tool sehr viel erfahren, dazu einfach auf den Pull-Down Button in dem betreffenden Fehlerfeld klicken, um ein paar Details zum jeweiligen Punkt zu erfahren.

Ich hoffe dass bei Ihnen so viele grüne Haken wie möglich auftauchen. Wenn der USB Port ein Ausrufezeichen trägt, kann man es probieren weiter zu machen – das ist ein Indiz dafür, dass es ein USB 3 ist, aber der verwendete Chipsatz nicht ganz dem entspricht, was die Software sich vorstellt.

Als letzten Klicken wir in dieser langen Liste auf den letzten Pull-Down Button: „Verify Kinect Depth and Color Streams“

Zwei Fenster zeigen unter dem Punkt nun einen Tiefenscann, eine Punktwolke und die FPS Anzeige. Auch an der Kinect selbst sieht man jetzt die LEDs im Scannprozess leuchten. Wer das sieht, kann sich freuen, es geht jetzt los!

Bei Problemen kann hier hier leider nur den Troubleshooting and Common issues guide von Microsoft zum SDK 2.0 anbieten. Andere schrieben in einem Forum, dass man auch das alte SDK dazu installieren könnte, wollte ich aber nicht mischen, auch wenn ich eine Kinect 1 hier gehabt hätte.

Meine i7 Konfiguration hatte hier außer dem USB nichts zu meckern.

Was wir nun noch installieren müssen ist die App 3D Scan aus dem Microsoft Windows App Store. Diese ist kostenlos und das Tool, mit dem wir jetzt gleich scannen werden:

Kostenlose 3D Scan App von Microsoft
Kostenlose 3D Scan App von Microsoft

Der 3D Scanner Kinect V2

Starten Sie nun die 3D Scanner App und legen Sie los :-) Hier mein Scanner-Aufbau im hellen Wohnzimmer – so gehts!

3D Scanner Aufbau
3D Scanner Aufbau für eine sitzende Person

In der 3D Scan App selektieren wir den Bereich, der vom Scanner erfasst werden soll um über die schwache USB Verbindung nur relevate Scannerdaten zu senden und keinen Datenmüll. Das kostet auch in der Nachbearbeitung viel unnötige Zeit.

Scannen der Tochter
Scannen der Tochter

Nach einer ganzen Umdrehung klicken wir auf „Stop Scan“ und der Rechenprozess beginnt.

Gittermodell wird aufgebaut
Gittermodell wird aufgebaut

Wenn das ohne Fehler durchgelaufen ist, kommt nun der Durchgang der „Gebäude-Punktwolke“ (ich nehme an die Textur), ehe das Ergebnis im 3D Viewer angezeigt wird.

Punktwolke wird aufgebaut
Punktwolke wird aufgebaut

Und nun war die Aufregung groß, reicht die Auflösung einer Kinect V2 für einen echten 3D Scan einer Person? Nun ich würde sagen ja:

Jürgen Jester 3d
Fertig: Ein 3d Modell von mir – Drahtgitter + Textur Modus :-)

Drehen wir mal ein wenig um zu sehen, wie das im 3D Raum aussieht.

Links rechts Drehung des Modells
Links rechts Drehung des Modells

Man sieht am oben gezeigten 3D Modell genau, was man falsch machen kann: Der Startpunkt des Scan-Vorgangs sollte da gewählt werden, wo das Stitching der Texturen nicht so komplex ist. Ich hab natürlich vorn angefangen, was wie man sieht, nicht so clever ist :) Ein paar weitere Tipps folgen aber noch weiter unten in der Zusammenfassung. Gehen wir noch ein letztes Mal auf die Qualität ein, daher für Interessierte hier ein paar Bilder vom Drahtgittermodell dieses Scans:

Drahtgitter 1
Drahtgitter 1
Drahtgitter 2
Drahtgitter 2

Meine Empfehlungen zum Nutzen des Kinect V2 Scanners:

Wer 360-Grad-Scans von Personen machen möchte, sollte an der Seite oder am Rücken starten! Das Stitching der Texturen ist am Start und Endpunkt immer ein wenig problematisch. Manchmal ist due Person trotz Drehteller nicht genau an der gleichen Position wie beim Start – das sieht fürchterlich aus. Daher an einem unwichtigen Punkt starten, den man leichter nachbearbeiten kann.
Stellen Sie sicher, dass sich der Kinect Sensor an einem gut belüfteten Platz befindet und die Lüftungsschlitze nicht verdeckt sind.

Schützen Sie den Sensor vor direkter Sonneneinstrahlung und halten Sie das Objektiv sauber.

Stellen Sie bei der Verwendung einer Halterung sicher, dass Sie den Sensor richtig anbringen, dieser hat unten ein genormtes Schraubgewinde für Fotostative.
Beste Ergebnisse werden erzielt, wenn man etwa 1,4 m bis etwa 1,6 m Abstand zum Scanner einhält. Stellen Sie auch unbedingt sicher, dass der Raum hell und vor allem gleichmäßig beleuchtet ist, da dies zu ungewollten Schatten auf Gesicht bzw der Textur kommt.

Was man scheinbar nicht mit der Kinect V2 in 3D Scannen kann :(

Zuerst baute ich für kleine Modelle einen 3D teller mit Motor für ein gleichmäßiges Rotieren vor dem Scanner:
Leider kann man keine kleinen Objekte Scannen. ich dachte ich könnte meinen kleinen R2D2 scannen und wieder ausdrucken, aber diese Größen scheinen nicht zu funktionieren :( zumindest ist es mir nicht geglückt:

Bauen wir einen Drehteller mit Motor
Bauen wir einen Drehteller mit Motor

Scheinbar geht es auf diesem kurzen Abstand zur Kinect leider nicht – hat jemand vielleicht andere Erfahrungen gemacht und einen Tipp für mich?

3D Mini Scan
3D Mini Scan

R2 ist zwar auf dem Bildschirm, aber ein Modell bildet sich nicht. Nach dem Scannen bricht die App mit einem Fehler ab oder erzeugt nur Schlacke mit einer R2 Textur.

R2D2 auf dem Bildschirm
R2D2 auf dem Bildschirm

Fazit: Ich fand das Ereignis für den Preis der Hardware ganz gut. Verwendung wird die Scannerlösung bei mir nicht finden, da ich in unserer Wohnung leider keinen dauerhaften Platz dafür habe. Sonst wäre das sicher ausbaufähig.

In unserem Personen Scan nutzten wir einen Bürostuhl mit entfernter Rückenlehne, da man bei der 360 Grad Rotation auf dem selben Punkt wieder ankommen sollte. Wer daran denkt, Menschen zu scannen und als Figuren in 3D auszudrucken, sollte zuerst einen motorischen Drehteller bauen, der eine Person tragen kann.

Wie man beim SDK Download bei Microsoft schon lesen konnte, würde das Projekt eingestellt. Aber auch die Kinect hat bereits einen interessanten Nachfolger: Azure Kinect DK. Wer etwas mehr Budget hat, kann ja mal einen Blick riskieren ☺️

Viel Erfolg beim Aufbau des 3D Scanners 👍
Und immer dran denken, bleibt verspielt,
Jürgen

Jürgen

Ich bin Jürgen und als glücklicher Familienpapa und arbeite als Mediendesigner in Wiesmoor und entdecke mit unserer kleinen Familie die Welt. Was uns wichtig erscheint, müssen wir hier in unserem Blog niederschreiben. Abonniere uns, damit du immer auf dem Laufenden bleibst: Wir posten Fotos auf Instagram und haben dem Podcast nun auch einen Kanal unter Friesenzeit dort eingerichtet :-) Bis bald! PS: 'Nakieken' ist übrigens Plattdeutsch und bedeutet soviel wie "genauer hinsehen" und genau das ist Programm hier im Blog.

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