Neues Zuhause für einen Commodore PET 4032
„Du bist der Auserwählte, weil Du Dich so gerne um alte Computer kümmerst :-)“, hallte es in meinem wohl gerade ziemlich ungläubig dreinblickenden Kopf. Naja, ganz so hat er das wohl nicht gesagt, aber das ist wohl die Essenz dessen, was ich im ersten Moment verstanden habe, als ich die Nachricht auf Twitter gelesen hatte. Vielleicht wollte ich wirklich schon immer ein Altersheim für Computer aufmachen, warum denn auch nicht? Die sind wenigstens ehrlich, gemütlich und vor allem verkaufen diese Maschinen Deine Seele nicht für irgendwelche Werbeanzeigen!
Hand aufs Herz, wie würdest Du reagieren, wenn Dir ein Freund auf Twitter heute verkündet, dass Du der Glückliche bist, ein Computer Museum zu starten? Ah und dazu kommt, dass Armin und ich uns im realen Leben bisher noch nie getroffen haben! Klingt doch toll verrückt, oder?
So spross ein neuer Ast am Baum meiner großen Interessen und macht meine Welt noch viel buschiger als diese eh schon ist. Denn am 31. Mai des Jahres 2020, das als das Corona-Jahr bekannt wurde, kam die Fracht-Lieferung von DHL an. Armin sendete mir seinen Schatz, der durch seinen drohenden Umzug bereits im Keller wohnen musste. Im Kinderzimmer war der „Kleine“ nicht mehr sooo erwünscht und so dachte er an mich, als ich gerade mal nichts Besseres zu posten hatte, als die Tastatur meines Amiga 500, die zerlegt auf dem Tisch lag und von mir und meiner Tochter peinlich genau von Schmutz befreit wurde. Wer weiß, vielleicht hat der Amiga das alles ganz geschickt eingefädelt, weil er sich mit dem alten Brotkasten auf dem Tisch so langweilte. Wer weiß schon, was für kleine Geister in den Geräten wohnen :-)

Bei der Arbeit bekam ich die Nachricht, dass DHL ‚etwas‘ hinterlassen hat. Zu Hause angekommen stellte ich fest, dass es ein gigantisches Paket war, das mir beim Anblick bereits großes Unbehagen bescherte. Der Karton war zwar ohne Löcher und Beulen, trotzdem sah man dem Paket seinen Weg an. Die Angst, der Rechner könnte auf der langen Reise irgendwelchen Schaden genommen haben, war greifbar. Noch schlimmer wäre es, wenn ich den Schaden nicht mal so einfach reparieren könnte – es gibt ja praktisch keine Teile mehr. Egal, Messer gezückt und jetzt wird ausgepackt:
Wie Weihnachten: Und sogar an die CBM 4032 Programmierhandbücher hatte er gedacht :-D

Der 4032-32N wurde Ende der 1970er Jahre eingeführt. Der Rechner zeigt sich wie der C64 mit 40 Spaltenanzeige, bietet aber nur 32K Ram Speicher. Die Arbeit erledigt ein 1MHz 6502 Prozessor. Der Rechner hat einen fest verbauten monochromen 12-Zoll-Green-Screen-CRT-Monitor.
Frühere Modelle des PET (Personal Electronic Transactor) hatten 9-Zoll-Displays und ich bin wirklich sehr glücklich keinen echten ersten PET 2001 zu haben, denn dessen Tastatur hatte ein mörderisches Layout. Dafür hätte der ein eingebautes Bandlaufwerk, aber *hach* man kann ja nicht alles haben.

Auf dem Etikett auf der Rückseite steht nur Commodore 4032-32N. Auf dem Etikett auf der Vorderseite steht CBM, aber nachdem ich .. aeh, der Computer schon soviel Begeisterung bei den Besuchern in meinem Büro auslöste und scheinbar jeder diesen als PET bezeichnet, mache ich das inzwischen auch. Es ist wahrscheinlich korrekter diesen als CBM (Commodore Business Machine) zu bezeichnen, weil genau das auch draufsteht aber … Ach! ;-)
Würdest Du Deinen Opa mit DHL verschicken?

Nach dem Auspacken habe ich vor lauter Aufregung dann doch vergessen, vor dem ersten Einschalten alle Kontakte und Stecker zu prüfen und legte den Schalter um. Der bekannte Sound ertönte, doch auf dem Bild waren nur Streifen zu erkennen. Auch ein Drehen an den Potentiometern veränderte die Anzeige nicht. Nach ersten Überprüfungen sehen die Teile ganz gut aus, nichts verrostet, braucht die Maschine vielleicht nur etwas Liebe? Hier mal ein Bild und die Krankenakte des Patienten.

Es kam ein kleiner Tüdelüt-Ton, doch das Bild, was sich mir bot, war zwar kein Garbage-Screen, aber trotz vieler ergoogelter Anleitungen fand ich zu dem leeren Bild keine helfenden Tipps im Netz. Alle gehen immer davon aus, dass man nicht nur ein Oszilloskop hat, sondern auch noch damit umgehen kann. Bei mir heißt das gleich doppelt „Fehlanzeige“, da ich nach der Lehre das alles verlernt habe :(
Chips auch mal raus, Beine putzen usw.
Die Platine sah gut aus, musste jedoch auch noch gründlich gereinigt werden. Da im „Turm“ um den Monitor sogar ein paar Langbeine mit in den Norden gereist sind und auf der Platine auch viele Ablagerungen an den Kontakten nagten, beschloss ich in einer Verzweiflungstat den Computer zu zerlegen und zu waschen.
Google führte mich zu „Wash with soap and hot water!“
First of all, you should wash the board. Use hot water, a toothbrush and some kitchen soap (be sure it’s not too aggressive). Carefully clean with the toothbrush every part of the board, trying to remove the rosin residues around the solder joints. Take care not to damage any component or wire on the board. Take your time and do a good job. Then dry it leaving at sun and/or using a hair dryer. Be sure it’s completely dry before to power it! It takes a lot of time to dry under ICs and sockets, so you’re advised!
Quelle: Commodore CBM 3032 – How I fixed a garbage screen problem
Nachdem ich überall nach dem Fehler googelte, erinnerte ich mich an das früher gelernte Informatiker-Prinzip: Wenn etwas kaputt ist, zerlege es in alle Teile, mach diese sauber und baue es wieder zusammen. Ich hoffte auf etwas Glück und machte mich also ans Werk.

Zahnbürste raus, Reiniger auf den Tisch und raus in die Sonne! Beachte übrigens die wundervolle originale Stütze, um das Gehäuse offen zu halten:

Ein paar der Kontakte waren korrodiert, obwohl sonst der Zustand sonst kaum Raum zum Meckern ließ. Es war ein großartiger Tag um einen Computer gesund zu pflegen.

24h später (weil ich einfach keine 48h warten KONNTE) schaltete ich den CBM 4032 ein und konnte es kaum glauben.

Alles war gut, vielleicht war durch den Transport ein Bein gelöst oder Kontakt verrutscht. Das rausziehen, reinigen und wieder zusammenstecken hat also Wunder gewirkt. Meine liebe Familie musste nur den Rest des Tages (und der Nacht) auf den Vater verzichten.
Eine höchst Iinteressante Quellen zu technischen Unterlagen und Software um den Commodore PET:
Die Schaltpläne des verbauten Mainboards (und so viel mehr) ist hier zu finden: http://zimmers.net/anonftp/pub/cbm/schematics/computers/pet/univ/index.html
Beim Reinigen sind mir übrigens weitere Modifikationen auf der Hauptplatine aufgefallen. Davon erzähle ich das nächste Mal.
Bis bald und bleibt verspielt,
Jürgen
PS: Das muss ich ja noch loswerden, da ich Ihm diesen Rechner verdanke. Die zwei Fotos von Armin Hanisch vom 1990er „Computer-Anwender-Tag“, den der Club von FidoNet-Mailboxbetreibern damals organisiert wurde.
Ich hoffe ich darf das zeigen? Hier ist auch der Computer zu sehen, um den es hier sicher noch viel öfter gehen wird. Mit einigen Artgenossen und einem Dual-Disk-Drive in Aktion:


Besucht ihn doch mal auf seiner Homepage.