Vom Kuckucksei, Infocom und Nethack
Man glaubt es war erst vor einigen Wochen gewesen, dabei sind in Wirklichkeit schon sehr viele Jahre vergangen. Es war die Zeit der Abenteuer, als man als „Nichtstudent“ nur in die Uni kommen wollte, um in das Netzwerk zu kommen, das nur das Netz genannt wurde – von mir zumindest. Aber was man zu dieser Zeit machen konnte, als es gerade mal den Gopher zum Suchen von Webinhalten gab. Es war die Zeit als Mehrspieler-Spiele am PC (der mit EGA gerade mal 16 Farben schaffte) eine echte Seltenheit waren! Die Ära des C64 neigte sich gerade dem Ende und Telefonflatrates waren leider noch nicht erfunden.
Jeder meiner Freunde hatte mindestens einmal die Telefonrechnung in den hohen dreistelligen Bereich gebracht, ehe man daraus “lernte”, es das nächste Mal besser zu machen. Andere strengten sich gerade dann auch in diesem Bereich an, dass man für Telefonkosten erstmal eine andere Lösung fand. Hin und wieder profitierten auch wir von deren Arbeit, wenn uns eine neue Freedail-Nummer durchgereicht wurde, mit der wir kostenlos im Ausland surfen konnten – auf den Spuren von Clifford Stolls Buch, das ich bis zu dieser Zeit noch nicht einmal gelesen hatte. Dieses Buch hat nach jeder neuen Auflage fast so viele Änderungen erfahren wie die Bibel. Andreas B. – ein Freund aus meiner Schulzeit schenkte mir zu einem Geburtstag diesen besagten Roman, den ich an diesem Tag und vielen folgenden Monaten, eigentlich nicht würdigte. Es landete erst einmal im Schrank. Lange Zeit später, ich kann es nicht sagen wie lange – wir hatten uns auch schon wieder aus den Augen verloren, hatte ich begonnen das Buch zu lesen und war sehr überrascht! Hier muss ich mich nochmal nachträglich bei Dir bedanken Andy, denn als ich das Buch wiederum jemandem weiterempfohlen hatte, stellte sich heraus, dass es im Handel vergriffen war, nur um kurze Zeit später mit jeder Menge schwarzer Balken wieder im Handel zu erscheinen. Die Zensur der IPs und der Protokolldrucke fad ich erschreckend – war es doch genau das, was das Buch so real machte. Das war mein erster wirklicher Kontakt mit der „Zensur“ – weitere sollten folgen.
Von diesem Tag an wusste ich Andies Geschenk jedenfalls erst zu würdigen. Heute ist das Buch wieder als Orginalversion im Handel erhältlich – es hat sich inzwischen soviel im Internet geändert, so dass diese Informationen nicht mehr als gefährlich gelten. Dennoch – ein fundamentales Wissen aus einer Zeit als noch niemand an Google dachte.
Aber geht es hier nicht eigentlich um Spiele? Ja – auch, natürlich – aber das ganze Leben ist ja voller Spiele, da weiß ich garnicht wo ich anfangen soll!? Nehmen wir wieder die goldenen Zeit auf – die Zeit der MUDs, die Multi User Dungeons. Du wirst Dich erinnern, wenn Du schon vierzig Jahre oder älter bist :) Muds gibt es auch heute noch, zwar würde ich Spiele wie World of Warcraft nicht dazuzählen, aber diese kennt jeder zumindest aus den Kritiken und kann sich von dem was ich meine, leichter eine Vorstellung machen. Also nehmt WOW und stellt euch zudem noch vor, die Grafik wäre schlecht bis praktisch nicht vorhanden, denn man spielte diese Spiele im Textmodus oder ANSI Emulation, damit es nicht nur Schwaz/Weiß war und etwas Farbe ins Spiel brachte. Wer jetzt ungläubig an die Decke schaut, den möchte ich fragen “Schonmal ein Buch gelesen?
Oder muss das zwingend mit epischen Filmen beginnen?” – natürlich nicht. Dafür aber wurdet ihr damit belohnt, mit tausenden anderen Spielern gleichzeitig online spielen zu können. Wir hatten uns, wie die Kinder heute, damals schon in den MUDs verabredet um gemeinsam ein fantastisches Abenteuer zu erleben – auch wenn es nur aus Textinformationen bestand.
Man würde sich im Spiel treffen, um gemeinsam ein fantastisches Abenteuer zu erleben, das jedoch nur aus Textinformationen besteht. Wie bei Büchern und fantastischen Romanen – die wahre Fantasie kommt schließlich nur von innen ;) Und es ist eine Reise wert, denn es ist alles schon dagewesen, nur „Gehaltvoller“. Als noch Spiele von einzelnen oder kleinen Unternehmen entstand, entschied eben der Plot und die Geschichte. Zu dieser Zeit gab es erst mit WingCommander ein Spiel, das über eine Million Dollar Budget hatte – doch diese Spiele waren kein echter Vergleich.
Verbinden zu Nightfall ist ganz einfach
Nightfall um endlich mal eines beim Namen zu nennen war eines dieser MusiUserDungeons in Deutschland, dessen Server auch immer noch online ist. Zuhause über eine klassische Telefonverbindung wurde das schnell sehr teuer, daher die rettende Uni Mannheim. Man ging also in die Uni mit der Absicht zu spielen … ja liebe Steuerzahler, so war das in den 80er Jahren.
Du kannst auf vielerlei Wege eine Verbindung zu Nightfall herstellen.
- Mit Telnet: Öffne ein Dos-Fenster und tippe „telnet nightfall.org 4242“ ein.
- Mit PuTTY: PuTTY (gibt es hier), starte das Programm und trage als Host „nightfall.org“ ein und wähle als Protokoll „Telnet“. Der Post sollte 4242 sein, wenn ich mich nicht irre. Klicke nur noch auf „verbinden“
Links im Bild das PuTTY Fentser.
Als Offline-Alternative bleibt nur InfoCom oder Nethack
„You see nothing special in this room – just a bucket next to the door“ Kick the bucket „Really?“ Yes. „Ok You are dead! – Game Over“ (The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy)
Infocom Adventures waren für alle Plattformen erhältlich – letztendlich gab es darin schlicht „nur“ Text und keine Grafik. Dennoch waren diese Spiele die bemerkenswertesten Adventures aller Zeiten. Noch bevor alles nur geklickt wurde, hat man hier noch ganze Sätze eingeben können und das Programm hat verstanden was man im Spiel tun wollte. Nicht wie in den Marktüblichen Adventures die mit drei oder vier Wörtern schon überfordert waren: Infocom Adventures wie The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy, Platefall oder die Zork Reihe sind legendär und verstanden sogar ganze Sätze. Spiele wie es sie heute leider nicht mehr gibt. Die Reizüberflutung in der heutigen Zeit läßt keinen Platz für Anspruch im Game-Mainstream.
Aber alles nur alleine? Ist ja öde… nun – nicht ganz“ Zurück zu Nethack, dem Offlineersatz wenn das Online-MUD der Wahl nicht erreichbar war, weil die Eltern mal wieder die Leitung gekappt haben. Hier tauschten wir immer wieder unsere eigenen Geister aus: wenn also ein Charakter in dem Rollenspiel starb, blieb der Geist oft im Spiel zurück. Und wie oft wurde ich von mir selbst umgebracht! Unsere „Geister“ waren nur Dateien, die das Spiel immer mal wieder aktivierte und neben den üblichen Monstern und Quests gegen den Spieler mal was starkes ins sprichwörtliche Rennen schickte. Dafür ließen unsere Charakter auch immer wieder tolle Dinge fallen … Nethack: Wer es mal ausprobieren möchte, kann das bei http://www.nethack.org/ runterladen. Oder über einen Steam bei Archive.org spielen: https://archive.org/details/msdos_NetHack_1987
Es gibt so vieles aus der Zeit zu berichten … der Blog wird noch wachsen und irgendwann hab ich sicher noch alles niedergeschrieben – ich hoffe auf wiederlesen und bis bald,
Jürgen