Die Sage um den schiefen Turm der Kirche in Suurhusen – Friesenzeit Podcast Folge 2
Willkommen bei einer neuen Folge von „Friesenzeit“,
unserem neuen Podcast des Nakieken.de Blog, der Dir hoffentlich ein wenig Entspannung auf die Ohren bringt.
Die Sage um den schiefen Turm der Kirche in Suurhusen ist die zweite Folge der Friesenzeit.
Mit Friesenzeit lässt sich angeblich prima einschlafen, doch es geht eigentlich auch um Geschichte, Legenden, Sagen und Märchen, die mit unserer Heimat, Ostfriesland in Zusammenhang stehen. Alle ein bis zwei Wochen besuchen wir gemeinsam einen Ort, um den sich irgendwelche Geschichten ranken … die vielleicht sogar wahr sind.
Viel Spaß dabei :)
Jürgen
Transkript der Folge 2:
Wenn Du über die Autobahn A31 hoch an die Küste nach Emden fährst, wirst Du vielleicht nicht wissen, dass nur wenige Kilometer weiter – sich einst das Guinnessbuch und eine alte Legende trafen.
Nur ein wenig weiter in Richtung Norden, in dem kleinen Dorf Suurhusen nämlich.
Nicht weit von der rauen Nordseeküste entfernt und eingebettet in die sanfte Marschlandschaft des ländlichen Ostfriesland, steht eine stattliche Kirche, die für ihre charakteristische Schieflage heute selbst über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist.
Aber das war aber nicht immer so. Seit langer Zeit tuschelten die Dorfbewohner schon über die ungewöhnlich starke Neigung des Kirchturms und spekulierten über die Ursache.
Dies ist eine Geschichte, die man sich auf dem Land erzählt:
Es begab sich in einem kleinen Dorf in den schönsten Winkeln Ostfrieslands, im Ort Suurhusen, einem Ortsteil der ostfriesischen Gemeinde Hinte. Hier steht die Kirche von Suurhusen.
Im dreizehnten Jahrhundert, zu Beginn des Spätmittelalters erbaut, sollte die Kirche, die bis dato keinen Turm hatte, nochmal umgebaut werden.
Im Jahr 1450 sollte sie dann zum Leuchtturm des Glaubens aufsteigen. Der Plan war, das Kirchenschiff zu kürzen und an dieser Stelle dann das Fundament für einen stattlichen Turm zu nutzen.
Lange Zeit war alles gut, doch im Laufe der Jahrzehnte begann die Kirche dann langsam zu kippen. Zunächst war es nur eine leichte Neigung, die mit bloßem Auge kaum und nur aus er Ferne zu erkennen war. Doch im Laufe der Jahre wurde die Neigung immer ausgeprägter, bis es fast so aussah, als ob die Kirche bald einstürzen würde.
Die Menschen waren beunruhigt. Sie liebten ihre Kirche, und niemand wollte das Gotteshaus aufgeben. Man schickte nach Gelehrten, um das Problem zu beheben, aber eine Lösung wurde nicht gefunden. Es schien fast so, als wäre die Kirche dem Untergang geweiht.
Schließlich kam es wie es kommen musste und der Glauben der Bürger wurde mit Mythen und Verschwörungstheorien auf die Probe gestellt. Einige sagten, die Kirche sei an einem verfluchten Ort erbaut worden, an dem einst eine Hexe ihre dunklen Künste ausgeübt habe. Andere behaupteten, der Teufel selbst habe die Kirche eines Nachts besucht und sei entschlossen, sie zu Fall zu bringen.
Die beliebteste Legende bis heute war jedoch gerade dabei zu entstehen, als in einem schweren Unwetter die Menschen Zuhause Zuflucht suchen mussten.
Demnach war der Teufel in dieser dunklen, stürmischen Nacht zu dem Priester gekommen und hatte ihm einen Handel angeboten.
Wenn der Priester ihn in einem Spiel schlagen könnte, würde der Teufel die Kirche in Ruhe lassen und die Niederlage akzeptieren. Doch wenn der Priester versagt, würde der Teufel ihm seine Seele rauben dürfen, weiter sein Unwesen treiben und die Kirche zum Einsturz bringen dürfen.
Der Pfarrer machte sich an die Arbeit. Er betete und fastete und suchte bei Gott Rat, wie er die Kirche retten könnte.
Der Priester war ein weiser und kluger Mann, und er wusste, dass er dem Teufel nicht trauen konnte. Aber er war vielleicht zum Glück nicht immer Priester gewesen. Wenn er auch jetzt ein Mann des Glaubens war, wusste er, dass er mit seiner Erfahrung und mit Gottes Hilfe jede Herausforderung meistern konnte. Also nahm er die Wette des Teufels an, und die beiden setzten sich zusammen, um zu spielen.
Der Teufel schlug eine Schachpartie vor, und der Priester stimmte zu, da er von seinen Fähigkeiten überzeugt war. Doch im Laufe des Spiels wurde dem Priester klar, dass der Teufel kein gewöhnlicher Gegner war. Seine Züge waren schnell und gerissen, und so sehr sich der Priester auch anstrengte, er konnte nicht die Oberhand gewinnen.
Je länger die Nacht dauerte, desto verzweifelter wurde der Priester. Er wusste, dass ihm die Zeit davonlief, und er betete zu Gott um Führung. Und dann, gerade als er aufgeben wollte, hatte er eine plötzliche Erkenntnis.
Er erkannte, dass der Teufel ihn mit einem Trick ablenken wollte, um zu betrügen. Auge um Auge stand es geschrieben und der Pfarrer änderte seine Strategie. Mit einem verschmitzten Lächeln machte der Priester seine Züge, und zur Überraschung des Teufels gewann er schließlich das Spiel.
Der Teufel war wütend, er begriff in seinem Übermut langsam, dass er wirklich verloren hatte. Er beschuldigte den Mann der Kirche des Betrugs, doch dieser erwiderte nur leise, „Auge um Auge und wir hätten die Kirche verloren. Der Herr möge mir vergeben.“
Widerwillig hielt der Teufel sein Versprechen und verließ die Kirche, um nie wieder zurückzukehren. Und von diesem Tag an blieb die Kirche von Suurhusen stehen. Noch immer geneigt, doch bewegte sie sich nicht weiter. Sie blieb über die vielen Jahre weiterhin erhalten, trotz der Neigung.
Die Dorfbewohner bewunderten die Tapferkeit und List des Pfarrers, der sich nur am Teufel versündigt hätte.
Und selbst heute, da Touristen aus aller Welt zur schiefen Kirche von Suurhusen strömen, lebt die Legende weiter, ein Zeugnis für die Macht des Glaubens.
Ob die Geschichte wahr ist? Natürlich nicht. Aber Geschichten wie diese machen Mut und zeigen wie sehr es sich lohnt für etwas zu kämpfen.
Heute wissen wir, dass der Turm auf Eichenstämmen gebaut wurde, die mit dem Absinken des Grundwasserspiegels mit Luft in Berührung kamen und daher begannen zu verrotten. Das ist der wahre Grund für den schiefen Turm … früher wusste man das nicht und so entstand wieder ein Märchen, wie dieses.
(Wer kann sich davon schon freisprechen, solche Geschichten nicht zu mögen? Das Gute hatte gewonnen und vielleicht sehen wir uns bei einer Besichtigung.. in einer der schiefsten Kirchen der Welt.)
In Wikipedia ist übrigens zu lesen, dass im Guinnessbuch der Rekorde der Turm der Suurhuser Kirche 2007 den Schiefen Turm von Pisa (dessen Neigung nach baulichen Maßnahmen nur noch bei 3,97 Grad liegt) als schiefsten Turm der Welt abgelöst hatte.
Der Schiefe Turm von Gau-Weinheim im Landkreis Alzey-Worms in Rheinland-Pfalz hat Suurhusen leider überholt, da dessen historisches Bauwerk einen Neigungswinkel von über 5,4° aufweist. Aber wir fahren dann doch lieber wieder mal hoch nach Hinte an die schöne Küste und machen bei einem Spaziergang halt in Suurhusen.
Bis zum nächsten Mal in der Friesenzeit, dann erzähle ich Euch eine alte Geschichte aus Bensersiel.
Wenn ihr den Podcast mögt, dann abonniert ihn gerne und gebt ihm doch bitte eine gute Bewertung!
Weiterführende Links zu den Einträgen von Wikipedia:
1. https://de.wikipedia.org/wiki/Suurhusen
2. https://de.wikipedia.org/wiki/Schiefer_Turm_von_Suurhusen
3. https://de.wikipedia.org/wiki/Schiefer_Turm_von_Gau-Weinheim
Geschichte / Author: Jürgen Jester
Danke den Künstlern, deren Musik ich über Pixabay gefunden und für diesen Podcast nutzen konnte:
Music by elias_weber from Pixabay
Music by Julius H. from Pixabay
Titel Foto: Von Annette Jöhnk, die heute extra wegen des schönen Wetters nach Suurhusen gefahren ist, um „das Bild“ für das Cover zu machen :-) Danke Dir!
Realisierung: Medi2go.de aus Wiesmoor